Der aus „Grip – Das Motormagazin“ bekannte TV-Moderator und Motoraver-Chef Helge Thomsen ist seit vielen Jahren mit dem US-Car-Virus infiziert. Hier schreibt er in seiner satirischen Kolumne auf humorvolle Weise über die verschiedenen Facetten unseres Hobbys. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Begebenheiten sind dabei durchaus beabsichtigt. Diesmal geht es um Car Clubs.
Vereinsmeierei
Enrico ist begeisterter US-Car-Fan und natürlich ziemlich extrovertiert, fast schon ein Nerd. Seinen fünfmal überlackierten und durchgespachtelten 64er Chevy Impala hat er entgegen jeder Vernunft blind bei Desert Valley Auto Parts in Arizona ersteigert und beim TÜV mit Mühe durch die technische Vollabnahme gelabert. Das hat ihn in seinem sozialen Umfeld völlig überraschend aus der Spur gebracht. Um das belächelte Image seines unerwünschten Randgruppen-Daseins aufzupolieren, bleibt ihm nur eins: Er gründet mit ein paar Leidensgenossen einen Verein, denn gemäß Artikel 9 Absatz 1 des Grundgesetzes hat er sogar das Recht dazu. So wie der gemeine Kleingärtner, Golfer und Hundezüchter es vorgemacht haben. Das ist toll, denn endlich ist Enrico nicht mehr allein mit seinem Fetisch. Die Ernsthaftigkeit seines mobilen Stammtisches lässt er sich sogar amtlich beglaubigen: C. C., e. V., noch Fragen? Damit wird seine von der grünen Rennleitung als „Spritschleuder“ und „Zuhälterkarre“ betitelte Fuhre zur offiziellen Präsidenten-Limousine des örtlichen Car Clubs. Eingetragener Verein, damit das klar ist! Der Freak wird zum Präsi und tritt ab sofort nur noch mit Gefolge auf. Als Krönung der evolutionspsychologischen Gruppendynamik wird die clubeigene College-Jacke zum Dresscode in der Öffentlichkeit.
Enrico und seine Kumpels representen jetzt mal mit Style ihr neues soziales Standing in der Hood. Das verschafft Respekt beim Dorfsheriff und auf dem Mc-Donalds-Parkplatz. Schluss mit Beleidigungen vom genötigten Ottonormalbenzinverbraucher, Schluss mit abfälligen Kommentaren auf dem Büro-Parkplatz des seriösen Arbeitgebers. Klare Hierarchie auch beim Abendessen mit Mutti und den Kids, das endlose Benzin-Gequatsche wird dank akribisch ausgearbeiteter Satzung zum offiziellen Pflichtthema.
Die Königsdisziplin eines jeden Car Clubs jedoch ist die geschlossene Ausfahrt zum nächsten US-Car-Treffen. Hierarchisch nach Funktion und Hubraum durchsortiert, blubbern die Clubmobile in Reih und Glied über neu asphaltierte Umgehungsstraßen in Richtung Meeting-Gelände und kommen dank goldener ADAC-Karte sogar an. Am Eingang zur automobilen Präsentationsfläche stecke ich mit meinem 69er Plymouth Roadrunner mittendrin, aber ohne College-Jacke und amtliche Mitgliedschaft fühle mich auf einmal schlecht representet und irgendwie verloren. Der US-Car-Fahrer an sich ist eben ein Herdentier, das wird mir jetzt klar. Man muss zusammenhalten, wegen der sozialen Erfolgskonditionierung. Und wegen Respekt und Feeling und so. Ich glaub, ich haue Enrico, den Präsi, gleich mal auf eine Membership an.
(Helge Thomsen)

Berühmter Verein: Joe und seine halbstarken „Pharaohs“ in American Graffiti