Der aus „Grip – Das Motormagazin“ bekannte TV-Moderator und Motoraver-Chef Helge Thomsen ist seit vielen Jahren mit dem US-Car-Virus infiziert. Hier schreibt er in seiner satirischen Kolumne auf humorvolle Weise über die verschiedenen Facetten unseres Hobbys. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen oder Begebenheiten sind dabei durchaus beabsichtigt. Diesmal geht es um Frauen am Steuer.
Frau am Steuer, ungeheuer!
Wer hat in mattgrauer Vorzeit eigentlich das Gerücht in die Autowelt gesetzt, amerikanische Straßenkreuzer seien „Männerautos“? War es der dauergewellte Solarium-Typ im Pelzmantel und Schlangenlederschuhen, der in seinem Airbrush-lackierten Cadillac Eldorado mit verchromten Sidepipes den Nahverkehr im Rotlichtbezirk kontrollieren wollte? Oder der volltätowierte Glatzkopf im King-Kerosin-Hoodie, der mit seinem Imperial Crown nach der Spätschicht die gepiercte Dorftussi klarmachen wollte? Beide liegen leider völlig neben der Spur. Die Premiummarken von General Motors und Chrysler hatten in ihren Hochglanz-Prospekten eine bestimmte Bevölkerungsschicht im Visier, nur eben keine Proleten. Komfort und Luxus lockten so auch echte Ladys hinters brandneue Dreispeichenlenkrad. Ein Blick in den orginalen US-Title hätte also sowohl dem Zuhälter als auch dem Rock ’n’ Roller offenbart, dass es sich hier um Frauenautos handelt. Air Condition, Power Windows, Powersteering, Automatic Transmission und Powerbrakes haben mit einem Männerauto nämlich so wenig zu tun wie Steve McQueen mit einem Aerobic-Kurs.
Für den Ottonormalbenzinverbraucher, der seinen mattschwarz folierten Dodge Magnum für die höchste Erektionsstufe hält, ist solch eine Eigentumsfrage schon vorher klar: „Na, hat dein Macker dich auch mal ans Lenkrad gelassen?“, grinst der Nichtwisser ins offene Seitenfenster des 57er Fairlane. Die stolze Fahrzeughalterin schiebt genervt ihre Cat-Eye-Sonnenbrille ins hochgesteckte Haar. „Nee, das ist meiner“. Der Klappstuhl im Camp David Hemd bleibt in einer Staubwolke zurück und denkt kurz über die geschlechtliche Hierarchie im Straßenverkehr nach, wirkt sein geleaster Plastikeimer doch neben dem verchromten Premiummodell wie ein Ikea-Regal im englischen Kaminzimmer.
Während er und seine Fußball-Kumpels schon beim Stammtisch durchdiskutiert haben, dass amerikanische Autos nix für Frauen sind, überlegen deren Noch-Ehefrauen ernsthaft, sich selbst mal wie Thelma und Louise zu fühlen. Spritverbrauch und Einparkprobleme sind schließlich kein Grund, seinen verchromten Traum nicht zu verwirklichen. Und wenn an dem Schlitten mal was kaputtgeht, können die Jungs zeigen, ob sie außer Instagram noch was drauf haben. Die Zeiten, in denen nur Kiezgrößen und Hobby-Rock-’n‘-Roller mit amerikanischen Straßenkreuzern ihre Persönlichkeit vollverstärken, sind also hoffentlich vorbei. „Ladies, start your engines!”
